Grabsteine in Oedelum
Grabsteine in Oedelum
Auf dem Kirchhof in Oedelum stehen nördlich der ev.-luth. Kirche die sehr alten Grabsteine von Wilhelm Adolf Thiesing und Marie Katharine Meyer.
Der Grabstein mit dem beschädigten Kreuz obenauf zeigt auf seiner Vorderseite einen Mann mit einem Buch unter dem Arm und einem Schlüssel in der Hand - eine Darstellung, die an Wilhelm Buschs Lehrer Lämpel erinnert. Und tatsächlich ist dies der Grabstein eines Mannes, der von 1825 bis 1864, wie zuvor bereits sein Vater, Lehrer und Küster in Oedelum war.
Auf der linken Seite des aufgeschlagenen Buches unter der Halbfigur ist zu lesen:
Wil. Adolf
Thiesing
geb. [15. August]
1799
gest. 13. Nov
[...] 1864 |
An den Seiten des Grabsteins steht rechts und links je eine Fackel, die auf Erlösung und Hoffnung in der Dunkelheit hinweist.
Die daneben abgebildeten Weintrauben können als Auferstehungssymbol gedeutet werden. Das Abschneiden und Keltern der Traube entspricht dabei dem irdischen Leiden und Sterben, weist aber zugleich auf den Übergang zu neuer Lebensqualität.
Ein weiteres Hoffnung beinhaltendes Symbol ist das verschlungene Ankerkreuz auf Vorder- und Rückseite des Steins.
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Auf der anderen Seite des Weges steht der Grabstein von
Marie Katharine Meyer geborene Tostmann |
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geb. 18. März 1799 |
gest. 28. August 1864 |
Aus der unteren Hälfte des Grabsteins ist auf der Vorderseite ein Bild herausgearbeitet. Was ist hier zu sehen?
Zwei von Palmblättern umrahmte Personen knien hinter einer Absperrung. Bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen: die Figuren haben Flügel - es sind Engel. Der Eine hat einen Palmzweig in der Hand. Der Palmzweig ist ein altes christliches Sinnbild für Wiedergeburt und Unsterblichkeit.
Der andere Engel hält einen Kranz in der Hand, der hier als Heilszeichen und Krone des ewigen Lebens gedeutet werden kann.
Kranz und Palmwedel werden die beiden Engel gleich auf einen Sarg legen. Vermutlich ist es der Sarg mit der jüngst Verstorbenen, der jetzt in einer Grablege oder auf einem Friedhof zwischen mehreren anderen Särgen beigesetzt wird.
Die Szenerie des Bildes nimmt der leicht veränderte Text des 1849 erschienen Trauerliedes "Ruhe frei von aller Klage" auf der Rückseite des Grabsteins noch einmal auf:
Über dem Text sind zwischen verschiedenen Blüten und Ranken Efeublätter zu erkennen: Sinnbild der Treue und des ewigen Lebens. Dazwischen ist ein Schmetterling zu sehen. Er, der die tote Hülle der Puppe am Boden zurücklässt, um ins Licht aufzusteigen, in ein antikes Sinnbild der unsterblichen Seele. Die drei Stadien Raupe, Puppe, Schmetterling stehen für das irdische Leben, für Tod und Auferstehung.
Die Grabsteine von Wilhelm Adolf Thiesing und Marie Katharine Meyer haben eine für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ungewöhnliche Form, wären hingegen typisch für das 18. Jahrhundert. Sind hier schöne ältere Steine wiederverwendet worden?