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Vom Geheimnis des gehörnten Mose

Bürgermeister Axel Witte dankt (von rechts) den Autoren Heike Klapprott, Hans-Georg Schrader und Gerda Mayer, Holger Behrens vom Sponsor Sparkasse, der vierten beteiligten Autorin Annegret von Loeben und Johanna von Loeben, die die feierliche Buchpräsentation im Rathaus musikalisch mit ihrer Querflöte umrahmte. (Foto: Thomas Wedig)
Bürgermeister Axel Witte dankt (von rechts) den Autoren Heike Klapprott, Hans-Georg Schrader und Gerda Mayer, Holger Behrens vom Sponsor Sparkasse, der vierten beteiligten Autorin Annegret von Loeben und Johanna von Loeben, die die feierliche Buchpräsentation im Rathaus musikalisch mit ihrer Querflöte umrahmte. (Foto: Thomas Wedig)
(Schellerten/tw) Drei Jahre lang haben vier Autoren die Geschichte der 13 Kirchen in der Gemeinde Schellerten erforscht. Sie stießen auf manche spannende Erkenntnis. Der Titel ihres Buches lautet daher: „Unbekanntes entdecken“.

Lückenhaft war das Material, das bisher zu mancher der Kirchen vorlag. „Es gab viele Ungereimtheiten“, berichtet Gemeindeheimatpflegerin Gerda Mayer aus Wöhle. So machte sie sich zusammen mit Heike Klapprott aus Schellerten, Annegret von Loeben aus Kemme und Hans-Georg Schrader aus Ottbergen auf den mühsamen Weg, Informationen aus erster Hand zu sammeln. Das Quartett nahm nicht nur die Kirchen und ihre Ausstattung unter die Lupe, sondern forschte ungezählte Stunden in Archiven. „In einem Kursus lernten wir, die alte Schrift zu lesen“, erzählt Annegret von Loeben.

Die ehrenamtlichen Heimatforscher brüteten über verstaubten Akten, die zum Teil seit Jahrhunderten nicht geöffnet worden waren. Manchmal waren die Notizen kaum zu entziffern. Doch oft lohnte sich die Mühe, wenn die alten Aufzeichnungen neue Antworten lieferten.

Manches Rätsel galt es zu lösen. Ein Beispiel: Warum wird Moses an der Kanzel in Oedelum mit Hörnern dargestellt? Das Vorbild war in diesem Fall eine Statue von Michelangelo – und die beruhte wiederum auf einem Übersetzungsfehler: Der hebräische Ausdruck, der im biblischen Urtext das Gesicht des Mose beim Empfangen der zehn Gebote beschreibt, kann neben „strahlend“ auch „gehörnt“ bedeuten. Wahrscheinlich war eher „strahlend“ gemeint.

Die Geschichte der Gotteshäuser war geprägt von Veränderungen. Die Türme stammen zum Teil aus dem Mittelalter, der älteste steht wohl in Kemme. Der Turm der Schellerter Kirche ist vermutlich irgendwann eingestürzt – eine Inschrift deutet darauf hin, dass im Jahr 1608 Aufbauarbeiten liefen.

Die Kirchenschiffe kamen oft später dazu. Sie bergen manche Besonderheit: von der alten Dinklarer Bronzeglocke von 1354, die heute im Dommuseum steht, über einen Taufstein von 1600 in der Ottberger Pfarrkirche bis hin zu einem uralten Sakramentshäuschen neben dem Altar in der Kirche von Garmissen.

In mehreren der 13 Kirchen fi nden sich barocke Elemente. Sie sind zwar nicht so prachtvoll wie in vielen süddeutschen Gotteshäusern, die von adeligen Mäzenen ausgestattet wurden. Doch sie zeugen von der Bedeutung, die eine Kirche damals für ein Dorf in der Börde hatte: „Die Bewohner der Dörfer sparten sich ihre Kirche buchstäblich vom Mund ab“, schreiben die vier Autoren, deren unterschiedliche Stile durch den Einsatz der Lektorin Astrid Riemann zu einem einheitlichen Erscheinungsbild verschmolzen.

Gestaltet wurden die Kirchen zum Teil von überregional bekannten Künstlern. Dass einige von ihnen in mehreren Gebäuden der Hildesheimer Börde aktiv waren, wurde erst durch die Recherchen des Autoren-Quartetts deutlich. Bisher stand jede Kirche mit ihrer Geschichte für sich, erst das Buchprojekt erweiterte den Blickwinkel. Das begeisterte auch Pastor Detlef Albrecht: „Ich bin dankbar für diese großartige Arbeit.“

Mehrfach im Einsatz war in der Gemeinde zum Beispiel der bekannte Hildesheimer Bildhauer Johann Caspar Mohr: Er gestaltete im 18. Jahrhundert erst den Hochaltar in Dinklar und zwölf Jahre später den Kanzelaltar in Schellerten. Franz Arnold Ewertz aus Münster schuf Altarfiguren für die Kirche in Oedelum, sein Sohn Fritz Ewertz schnitzte für die Kirche in Bettmar. Und die Orgelbauer Heinrich und August Schaper waren in fünf Gotteshäusern der heutigen Gemeinde Schellerten aktiv: in Garmissen, Kemme, Oedelum, in der Pfarrkirche von Ottbergen und in Schellerten.

Unterstützt wurde das Buchprojekt von der Gemeinde Schellerten, finanziell gefördert von der Sparkasse Hildesheim und vom Landschaftsverband. 1000 Exemplare wurden im Harsumer Druckhaus Köhler gedruckt. Sie sind für jeweils 3 Euro zu haben, unter anderem im Rathaus und bei den Heimatpfl egern. Der günstige Preis soll helfen, die Kirchen möglichst vielen Interessierten näher zu bringen. Die Gebäude sind zwar weithin sichtbar – doch mit dem Blick auf die Details kann jeder Leser dem Buchtitel folgen: „Unbekanntes entdecken“.

(Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung/ Thomas Wedig)

Bildergalerie:

Fotos Thomas Wedig:
Bürgermeister Axel Witte dankt (von rechts) den Autoren Heike Klapprott, Hans-Georg Schrader und Gerda Mayer, Holger Behrens vom Sponsor Sparkasse, der vierten beteiligten Autorin Annegret von Loeben und Johanna von Loeben, die die feierliche Buchpräsentation im Rathaus musikalisch mit ihrer Querfl öte umrahmte.

Die 13 Kirchen in Schellerten sind Thema des Buches „Unbekanntes entdecken“.

Wohl die bekannteste Kirche Schellertens: Die Kreuzkapelle in Ottbergen zieht jedes Jahr zur Wallfahrt Besucher aus der weiten Umgebung an. Fotos: Wedig

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29.10.2010 
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